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Weil Jesus Gottesbeziehung mit aufrüttelnder Lebendigkeit lebt, sprengt er den erstarrten religiösen Rahmen des traditionellen Festes. Seine Botschaft in folgender Begebenheit ist hochaktuell, besonders an christlichen Festtagen:
Es war vermutlich der letzte Tag des Laubhüttenfestes. Jesus hatte dieses Fest intensiv für seine Lehrgespräche mit den Leuten im Tempel genutzt. Aber deren Ablehnung wurde immer deutlicher. Beim Verlassen des Tempels begegnet er einem Blinden. Weil Behinderte oft keine Möglichkeit hatten, ihren Lebensunterhalt zu verdienen, hofften sie hier auf die freigiebige Stimmung der Frommen und bettelten.
Im Vorbeigehen sah Jesus einen Mann, der von Geburt an blind war. „Rabbi“, fragten ihn seine Jünger, „wie kommt es, dass er blind geboren wurde? Hat er selbst gesündigt oder seine Eltern?“ „Es ist weder seine Schuld noch die seiner Eltern“, erwiderte Jesus. „Er ist blind, damit Gottes Macht an ihm sichtbar wird. Wir müssen den Auftrag von dem, der mich gesandt hat, ausführen, solange es noch Tag ist. Es kommt die Nacht, in der niemand mehr wirken kann. Doch solange ich noch in der Welt bin, bin ich das Licht der Welt.“
Dann spuckte er auf den Boden, machte einen Brei aus seinem Speichel und strich ihn auf die Augen des Blinden. „Geh zum Teich Schiloach“, befahl er ihm, „und wasch dir das Gesicht!“ – Schiloach bedeutet „Gesandter“. Der Mann ging hin, wusch sich und kam sehend zurück.
Die Bibel, Johannes-Evangelium 9,1-7
Allgemein bekannt war damals die Erkenntnis, dass Leiden grundsätzlich auf Sünde – also auf Trennung von Gott – zurückzuführen ist. Schlussfolgernd dachte man, dass besonderes Leiden wie Krankheit und Behinderung immer auf persönliche Sünde hinweist und somit selbstverschuldet wäre. Die Schüler nutzen die Gelegenheit für eine Frage an Jesus. Und Jesus weitet das Verständnis seiner Schüler: Durch diese Krankheit soll Gottes Macht sichtbar werden. Diesen Grund nennt Jesus für diese spezielle Situation. Er sagt nicht, dass jeder Kranke geheilt werden und sich Gottes Macht dadurch erweisen soll. Beispielsweise heilte Jesus in einer anderen Begebenheit nur einen einzigen Kranken in einem Umfeld voller Kranker und ging dann weiter (vgl. Joh. 5,1-18). Auch heute erleben wir, dass nur wenige Kranke spontan gesund werden wie der Blinde damals. Es gibt offensichtlich viele verschiedene Gründe und oft kennen wir keine Antwort. Wir verstehen das Handeln des Allwissenden nicht immer, aber wir können ihm dennoch vertrauen, weil er uns liebt.
Schauen wir genau hin, was Gottes Wort wirklich meint. Hüten wir uns vor Verallgemeinerungen und falschen Schlussfolgerungen. Gottes Geist möchte uns helfen.
Durch die seltsame Art der Heilung gibt Jesus weitere Impulse, uns selbst zu hinterfragen:
Speichel wurde bei den Heiden manchmal als Heilmittel benutzt, die Juden verabscheuten dies eher. Jesus vermeidet bei seinen Krankenheilungen offensichtlich bewusst ein Schema, das orakelhaft angewendet werden könnte.
Und weshalb soll der Blinde einen für ihn schwierigen Weg zu jenem Teich zurücklegen, damit er geheilt wird? Vielleicht schickt Jesus ihn zunächst weg, um weiteres Aufsehen zu vermeiden. Er hatte zuvor immer wieder erklärt, dass jeder an seinen Wunderzeichen erkennen kann, wer er ist. Jedoch sucht Jesus echte Nachfolger; er ist kein Geschenkeautomat. Und echte Nachfolger müssen aktiv werden und aktiv bleiben.
Während die Religiösen beschaulich ihre traditionellen Gottesdienste feiern, lebt Jesus vor, was Gott wirklich ehrt. Seine Impulse fordern zutiefst heraus. Damals war es das Laubhüttenfest der Juden, dessen Rahmen Jesus sprengte. Vielleicht ist es heute unser liebgewordenes Weihnachtsfest: Wir geben vor, Gott zu ehren und sind mit Herz und Hand oft weit weg davon.
Jesus ist das Licht der Welt. Durch seine Nachfolger möchte er noch immer die Dunkelheit der Gottesferne erhellen: im festlichen Familienwohnzimmer genauso wie bei Drogenkonsum und Rotlichtmilieu oder im Krankenhaus bei Sterbenden. Deshalb sagt er: „Ihr seid das Licht der Welt. ... Euer Licht soll leuchten vor den Menschen, damit sie eure guten Taten sehen und euren Vater im Himmel preisen.“ Matthäus 5,14+16 Vielleicht hindert uns mancher traditionelle Rahmen, eine lebendige Gottesbeziehung zu entfalten. Folgen wir mutig dem Beispiel von Jesus! Welche konkreten Schritte werden Sie unternehmen?
Tamara Schüppel
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